Du machst alles genau richtig.
Warum es manchmal nicht viele Worte braucht, um jemandem Sicherheit zu geben. Sondern bloss die richtigen.
Vor ein paar Tagen bin ich auf den Brünigpass gefahren. Ich habe mir dort ein paar Möbel angesehen, in diesem Brockenhaus auf dem Pass, seit Jahrzehnten im Besitz der gleichen Menschen, eines der schönsten der Schweiz. Gemeinsam betraten wir den Laden, liefen auf alten Teppichen umher, schauten uns Geschirr an, Stehlampen, alte Bettpfannen und Bauernschränke. Er kaufte nichts, ich drei Dinge, obwohl er reinging, um etwas zu kaufen, und ich reinging, um nichts zu kaufen. Wir bestellten danach auf einer zu lauten, zu hellen Terrasse Pastetli und wechselten nach Drinnen, als das Essen kam. Wir assen gut und unterhielten uns und bestellten noch Kaffee. Und irgendwann, so gegen halb Drei, war es Zeit, zu gehen.
Ich stieg ins Auto, liess den Motor an, die Rückfahrkamera, das Radio, ich schaute nach hinten und versuchte irgendwie, mir klarzumachen, wo ich dieses Auto nun genau hinfahren soll, rechts, links, rückwärts, zur Seite, die Strasse hoch, die Strasse runter?
Neben mir ein anderes Auto, das nervös wartete, und ich, die unsicher wurde. Die etwas, das ich sonst sehr gut kann, plötzlich nicht mehr recht im Griff hatte. Vor den Augen anderer. Vor den Augen Fremder. Vor den Augen meines Gegenübers. Objektiv betrachtet nichts Schlimmes, nichts Wichtiges, eine Bagatelle, ein paar Stress-Sekunden, nichts weiter. Doch ich schämte mich. Und wurde unsicher. Und war mir plötzlich nicht mehr so sicher, ob ich dieses Auto tatsächlich aus dieser Einfahrt und auf diese kurvige Strasse kriege. Und ob ich diesen Platz an diesem Steuer verdient hatte. Ob ich auch Fehler machen darf. Was passiert, wenn ich die Kontrolle verliere. Was passiert, wenn ich es doch nicht schaffe.
Wenn du etwas, das du immer geschafft hast, plötzlich nicht mehr schaffst.
Wenn du einsehen musst, dass du dich übernommen hast.
Dich selbst, deine Fähigkeiten: überschätzt.
Er sah mich an, von der Seite, ganz ruhig, bedacht, und sagte: Du machst das alles genau richtig.
Er sagte nicht: komm' schon.
Er sagte nicht: Hab' dich nicht so.
Er sagte nicht: Seit wann kannst du das nicht.
Er sagte nicht: Ich helfe dir.
Er sagte nicht: Lass mich machen.
Er sagte nicht: Du schaffst das schon irgendwie.
Er sagte: Du machst das alles genau richtig.
Wir sind alle zerbrechlich. Wir alle sind nicht perfekt. Wir alle meinen, Dinge zu wissen, um irgendwann vielleicht einen Moment zu erleben, in welchem alles auf den Kopf gestellt wird. Wir verlieren, was wir kannten. Wir sind schlechter, als wir meinten. Wir sind moralisch weniger integer als wir gerne wären. Wir versuchen unser Bestes, und wissen doch nie, ob es wirklich reicht.
Genau in solchen Momenten sind Menschen, die uns bestärken und uns sehen, die wichtigsten Inseln für unseren Halt und unser Wachstum. Menschen, die uns genauso lassen, wie wir sind. Die an uns glauben. Die uns vertrauen. Die loslassen können. Ihr Ego, ihre Kontrolle, die Frage, wie sie es machen würden, was sie uns noch mitgeben, erklären könnten. Verbessern. Anregen, Aberkennen.
Vielleicht brauchst du nicht immer aktive Hilfe.
Nicht immer einen Rat.
Nicht immer eine Einordnung.
Nicht immer eine Lösung.
Nicht immer ein Warum.
Vielleicht brauchst du manchmal einfach jemanden, der dir sagt: Du kannst das doch schon. Ich glaube doch an dich. Ich sehe doch, dass du alles hast und alles bist, was es braucht.
Du bist schon genug. Du machst bereits alles richtig.
Es wird sie immer geben, diese Momente in deinem Leben, in denen kleine oder grosse Sicherheiten ins Wanken geraten. Wenn du etwas, das du immer geschafft hast, plötzlich nicht mehr schaffst.
Wenn du einsehen musst, dass du dich übernommen hast.
Dich selbst, deine Fähigkeiten überschätzt.
Wenn plötzlich die Angst hochkriecht, dass du vielleicht doch schwächer, kränker, unfähiger, unempathischer, unkritischer bist als gedacht.
Doch stimmt das wirklich?
Oder machst du es doch am Ende genau richtig?
Geh heute nach Hause und sag jemandem: Du machst das alles genau richtig. Deiner Freundin, dem Mann, der die Abfallkübel leert, der Lehrerin deines Kindes, oder einfach: dir selbst.
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